Diese kleine Galerie zeigt einige Bilder, die ich mit meiner Digitalkamera Olympus E-100RS und einem Infrarotfilter Heliopan RG 715 aufgenommen habe. Nur das erste Bild besitzt noch die Originalfarben, alle anderen sind nachträglich bearbeitet und eingefärbt. Besonders schön zu sehen ist der "Wood Effect", der durch die intensive Infrarotstrahlung von Chlorophyll in Blättern verursacht wird. Dadurch sehen Wiese, Büsche und Bäume fast weiß aus und man bekommt den Eindruck eines frostigen Wintertages:
Da der Infrarotfilter das sichtbare Licht (Wellenlängenbereich 400 - 700 nm) sperrt, also nur Infrarotlicht mit einer Wellenlänge ab 715 nm (gemäß Filterbezeichnung) durchläßt, ergeben sich oft kontrastarme Bilder in Falschfarben, die eine entsprechende Nachbearbeitung erfordern:
Zunächst wird der Kontrast verstärkt, am Besten für jeden Farbkanal individuell. Dann kann der kümmerliche Rest an Farbinformation noch künstlich aufgespreizt werden, der Farbton kann insgesamt in eine beliebige Richtung verschoben werden, gegebenenfalls auch in verschiedene Richtungen für den oberen oder unteren Bildrand. Die oben zu sehenden Bilder wurden mit diesen Methoden erzeugt.
Das Ergebnis kann selbverständlich nicht die natürlichen Farben wiedergeben, denn diese wurden ja ausgefiltert. Man erhält also stets ein sogenanntes Falschfarbenbild. Doch da die Farben sowieso "falsch" sind, kann man sie auch frei seinem persönlichen Geschmack anpassen.
In der analogen Fotografie müssen zusätzlich zum Filter auch noch spezielle - meist schwarz-weiße - Infrarotfilme verwendet werden, da normale Filme im langwelligen Bereich nicht empfindlich sind. Die Sensoren digitaler Kameras sind dagegen für Licht im "nahen" Infrarot Bereich von 700 bis 1100 nm mehr oder weniger empfänglich, je nachdem ob sie mit einer Infrarot-Sperrschicht ausgestattet sind oder nicht. Falls die Kamera also Infrarot nicht von sich aus sperrt, genügt es hier den Infrarotfilter davorzuschrauben.
Für den "fernen" Infrarot Bereich über 1100 nm sind Digitalkamera-Sensoren allerdings völlig unempfindlich. Sie werden also z.B. nie Wärmebilder Ihres Hauses aufnehmen können um irgenwelche Kältebrücken auszumachen. Dafür gibt es spezielle Wärmebildkameras die dann den Bereich um 3000 nm aufnehmen können.
Wer an ausführlicheren technischen Details interessiert und der englischen Sprache mächtig ist, sollte sich ruhig einmal die Seite http://www.dpfwiw.com/ir.htm (Infrared basics for digital photographers) ansehen, die diese Materie sehr eingehend beleuchtet.
Wer auf den Geschmack gekommen ist, möchte vielleicht selber einmal Infrarotbilder mit seiner Digitalkamera aufnehmen.
Vor der Anschaffung eines Infrarotfilters für 30 Euro oder mehr sollte man zunächst testen, ob die Kamera dafür geeignet ist: Legen Sie die Kamera mit eingeschaltetem Display auf den Tisch und blinken Sie mit irgendeiner Infrarotfernbedienung (z.B. vom Fernseher) ins Objektiv. Wenn Sie die Fernbedienung deutlich hell leuchten oder blinken sehen, kann Ihre Kamera Infrarot aufnehmen. Wenn nicht, dann ist vermutlich ein sehr guter Infrarot-Sperrfilter eingebaut und Sie werden keine guten Chancen haben Infrarotbilder aufzunehmen.
Auch die Wahl des richtigen Infrarotfilters will bedacht sein. Heliopan bietet z.B. die Typen RG 665, RG 695, RG 715, RG 780, RG 830 und RG 1000 an. Jeder dieser Filter läßt nur Licht durch, dessen Wellenlänge größer als die Filterbezeichnung ist. Während man durch den RG 715 bei Sonnenlicht gerade noch hindurchsehen kann - die Landschaft erscheint dann tief dunkelrot - ist der RG 1000 praktisch schwarz. Andererseits erzielt man mit den größeren Wellenlängen auch einen stärkeren "Wood Effect", die Bäume werden noch weißer.
Ob man mit dem Filter noch vernünftig fotografieren kann, hängt von der sogenannten Belichtungs-Verlängerung ab. Da der Filter ja nur einen winzigen Bruchteil des vorhandenen Lichts durchläßt, muß man entsprechend länger belichten. Nur aufzublenden reicht hier bei weitem nicht aus. Der RG 715 erfordert eine Belichtungs-Verlängerung um den Faktor 120. D.h. wo man sonst in heller Sonne mit 1/1000 sec belichtet hat, muß man jetzt 1/8 sec einstellen. Da braucht es schon eine ruhige Hand. Bei bedecktem Himmel oder abends gehen die Belichtungszeiten in den Sekundenbereich. Ohne Stativ ist dann nichts mehr zu machen. Der RG 1000 Filter erfordert sogar eine Belichtungs-Verlängerung um den Faktor 800 ! Da versagen auch die Belichtungsautomatik und der Autofokus.
Die Wahl des Bildausschnitts kann über das Display oder den elektronsichen Sucher einer Digitalkamera erfolgen, denn hier sieht man das Ergebnis des infrarotempfindlichen CCD-Sensors. Der Blick durch den Sucher einer Spiegelreflexkamera bringt hingegen nichts, da man hier - direkt durch den Filter - schwarzsieht.
Für die Scharfstellung sollte man sich auf die Kamera-Automatik verlassen können. Das Bild im Sucher oder auf dem Display ist in der Regel zu kontrastarm um manuell nach Sicht scharfstellen zu können und irgendwelche Skalen am Objektiv oder im Sucher gelten nicht mehr im Infrarotbereich, da dieses Licht im Objektiv nicht so stark gebrochen wird, wie das normale sichtbare Licht.
Meine Olympus E-100RS Kamera kann mit dem RG 715 Filter gerade noch automatisch scharf stellen und die Belichtungsautomatik funktioniert auch einigermaßen. Allerdings muß ich bei automatischer Belichtungsmessung immer ca. eine Blende zugeben (Blendenkorrektur +0.7 bis +1.3), da sich der interne Belichtungsmesser durch die "merkwürdigen" Lichtverhältnisse doch etwas täuschen läßt. Die richtige Belichtung läßt sich sehr einfach am Display kontrollieren.
Falls die Kamera es unterstützt, sollte man immer automatische Belichtungsserien zu schießen, denn zu Hause am Bildschirm fällt es leichter das korrekt belichtete Bild auszuwählen.
Bedenkenswert ist zu guter Letzt auch die Methode des sogenannten Weißabgleichs: Ich überlasse ihn meist der Kamera-Automatik und erhalte dann orange Bilder (siehe erstes Beispielbild). Wenn ich den Weißabgleichs auf "Tungsten" (Glühbirne) stelle bekomme ich rötlich violette Bilder und bei manuellem Weißabgleich werden sie bläulich. Je nach verwendeter Kamera-Filter-Kombination sind auch andere Farben möglich.
Auch wenn es verlockend scheint: Sehen Sie NIEMALS durch einen Infrarotfilter direkt in die Sonne ! Während Sie eine hübsche glutrote Sonne sehen, verbrennt das für Sie unsichtbare aber sehr starke Infrarotlicht Ihre Netzhaut.
Falls Sie der Verlockung doch nicht widerstehen können, tun Sie es in Amerika. Dort können Sie dann wenigstens ein paar Millionen Schadenersatz einklagen, weil ja nicht auf dem Filter stand, das man dadurch blind werden kann. Und wenn ein paar Millionen nicht genug sind, verschlucken Sie den Filter hinterher, es steht nämlich auch nicht drauf, daß er für Darmspiegelungen ungeeignet ist. (Anm.d.Autors: die endgültige Höhe des Schadenersatzes wird nicht garantiert.)
Manfred Tausch, im Juni 2004
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